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Europakonferenz der Diakonie Deutschland

Dieses Jahr trafen sich die sozialpolitischen Bereiche Europa und Migration am 3. November im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung zur gemeinsamen Europakonferenz der Diakonie Deutschland. Wir wollten sehen, was von der EU als Wertegemeinschaft übrig ist, ob sie sich angesichts anstehender Reformen für ein gemeinsames europäisches Asylsystem neu aufstellt, oder ob sie weiterhin dem Bild der „Festung Europa“ entspricht.

In ihrer Begrüßung verglich Vorständin Maria Loheide die aktuelle Situation insbesondere für Geflüchtete aus der Ukraine, ihre Lage in Deutschland auch angesichts unterschiedlicher Rechte für sie auf der einen und für Schutzsuchende aus anderen Herkunftsländern auf der anderen Seite. Sie unterstrich die Bedeutung der Integration mit allen Unterstützungsleistungen vom ersten Tag an und forderte, dass dies für alle Geflüchtete gelten müsse.

Der Vormittag war bestimmt von Einblicken in die Praxis vor Ort mit der Arbeit mit Geflüchteten und mit Menschen aus Drittstaaten, die durch den AMIF, dem Fonds der EU für Asyl, Migration und Integration, gefördert werden.

  • Das erste Projekt In:To, vorgestellt von Eva van Keuk, PSZ Düsseldorf, zeigte das wichtige Engagement der psychosozialen Zentren für Geflüchtete mit schweren traumatischen Belastungen.
  • Ein zweites Projekt zur diversitätsorientierten Personalpolitik in der Diakonie beschrieb die Diskussionsforen und strukturellen Veränderungen zur Diversität vorgestellt von Michaela Seitz, Diakonie Mitteldeutschland. Teilgenommen an dem Projekt haben 16 Träger aus Mitteldeutschland, Baden und Württemberg, geleitet von Lea-Friederike Neubert aus der Diakonie Deutschland.
  • Das dritte Projekt, vorgestellt von Jürgen Blechinger, Diakonie Baden, hatte den Titel „Vorbereitet und erfolgreich nach Deutschland – Migrationsberatung vor der Einreise“. Das 2009 gestartete Projekt verknüpft mehrere Außenstellen vorrangig im Balkan bis zu Äthiopien und berät Menschen vor Ort, die nach Deutschland einwandern möchten.

Wie es derzeit an den Außengrenzen der EU aussieht und welche gesetzgeberischen Verfahren gerade auf EU-Ebene im Asylrecht aktuell sind, stellte Katharina Voss, Diakonie Deutschland, vor. Sie berichtete von einer Delegationsreise nach Kos/Griechenland im Juli und der 16. Europäischen Asylkonferenz in Polen im Oktober, die gemeinsam mit der Churches’ Commission for Migrants in Europe (CCME) organisiert wurden.

Vor Ort konnten sich die Teilnehmenden ein reales Bild von der Situation der Schutzsuchenden an den Außengrenzen machen. „We are in a push back period“ fasste ein Statement einer griechischen Anwältin die menschenrechtswidrigen Lage an den EU-Außengrenzen zusammen. Die Diakonie Deutschland fordert als Lösung daher den Stopp der Zurückweisung von Asylsuchenden an den EU-Außengrenzen, die Auflösung der geschlossenen Camps an den EU-Außengrenzen, keine automatische Inhaftierung aller Schutzsuchenden und als Entlastung der Staaten an den Außengrenzen die sofortige Umverteilung von Geflüchteten und Asylverfahren in der gesamten EU.
Hierbei sollten analog zur Aufnahme von ukrainischen Kriegsflüchtlingen alle Geflüchteten in die Entscheidung einbezogen werden, in welche Länder sie verteilt werden, sowie die Integration von Tag eins an und die dezentrale Unterbringung ermöglicht werden.

Auf dem Podium, moderiert von Mirko Schwärzel, Diakonie Deutschland, diskutierten Birgit Sippel, MdEP-SPD, Ulrich Weinbrenner, Abteilungsleiter im BMI, Günter Burkhardt, Pro Asyl und Maria Loheide am Nachmittag kontrovers und hart in der Sache miteinander.

Birgit Sippel, Berichterstatterin im LIBE-Ausschuss (Justiz- und Inneres) im Europaparlament für die im gesetzgeberischen Verfahren befindliche Screening-Verordnung, wurde auf den fehlenden Rechtsschutz in diesem Verfahren hingewiesen. Zur Haltung der Bundesregierung zur geplanten „Instrumentalisierungsverordnung“ wurde Ulrich Weinbrenner gefragt.

Das übrige Podium war sich einig, dass der möglicherweise im Justiz- und Inneres Rat im Dezember zur Verabschiedung stehende Verordnung nicht zugestimmt werden sollte. Die Verordnung würde nicht dazu führen, dass Instrumentalisierungen von Geflüchteten und Migrant:innen nicht mehr stattfinden, sie würde jedoch das Asylrecht an den Außengrenzen stark verwässern, wie es in der Praxis bereits geschieht, und die Rechte der noch nicht abgeschlossenen GEAS-Reform im Vorhinein stark aushöhlen.

Angesichts dieser prekären und gegen die grundlegenden Rechte und Werte der EU verstoßenden geplanten Reformschritte, die auch illegales Verhalten in Gesetze fassen sollen, stellte Günter Burkhardt die Glaubwürdigkeit der EU infrage. Er rief u.a. die Europäische Grundrechtecharta, den Anspruch an einen Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts, sowie die Europäische Menschenrechtskonvention in Erinnerung, die Maßstab für das Handeln der EU sind und jetzt als das Fundament sein sollte.

Maria Loheide brachte als eine Lösungsmöglichkeit den pragmatischen Umgang mit den Schutzsuchenden aus der Ukraine in den Aufnahmestaaten ein. Dies wurde als eine reale und notwendige Vision aufgegriffen und von Birgit Sippel am Beispiel der positiven Effekte von dezentralen privaten Unterkünften bestärkt.