Asset Publisher Asset Publisher

Zurück

FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht e.V.

Der Projektfokus von FIM liegt auf den Themen Empowerment, Gewaltprävention und Hilfe für Opfer von Gewalt. Die Selbstbestimmungs- und Handlungspotentiale (junger) geflüchteter Frauen sollen gestärkt, ihre Teilhabemöglichkeiten und auch ihr emotionales Ankommen in Deutschland gefördert werden. Auch Geschlechtergerechtigkeit ist ein wichtiges Anliegen des Projekts. Manche Angebote richten sich daher auch an geflüchtete Männer. Dafür arbeitet FIM mit Partnerorganisationen zusammen.

Ein wichtiger Projektbaustein sind Workshops für geflüchtete Frauen. Sie finden in Gemeinschaftsunterkünften in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet statt. Das Konzept umfasst bis zu sechs Termine, an denen über verschiedene Themen gesprochen wird, zum Beispiel Perspektiven in Deutschland, Kindererziehung, Gesundheit oder auch Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung. Die Workshops sind interaktiv und kultursensibel gestaltet, die Teilnahme ist unkompliziert möglich. Die Workshops werden in verschiedenen Sprachen angeboten, wie Arabisch, Dari/Farsi (wird v.a. in Afghanistan/Iran gesprochen) oder Tigrinya (wird v.a. in Äthiopien und Eritrea gesprochen).

Neben den Workshops gehören auch Beratungs- und Informationsangebote zum Projekt. Auch hier wird darauf geachtet, dass die Angebote möglichst einfach in Anspruch genommen werden können. Viele geflüchtete Frauen können bei FIM in ihrer Herkunftssprache beraten werden. Wenn dies gewünscht ist, werden Frauen zu wichtigen Terminen bei Behörden oder anderen Stellen begleitet.

 

Die Empowerment-Workshops

Die Idee hinter der erfolgreichen Workshop-Reihe basiert auf dem Peer-to-Peer-Ansatz. Mitarbeiterinnen von FIM mit eigener Flucht- oder Migrationsgeschichte leiten Workshops für geflüchtete Menschen, die in Unterkünften leben, an. Meist arbeiten die Mitarbeiterinnen von FIM im Tandem, zum Beispiel eine arabischsprachige und eine dari-/farsisprachige Mitarbeiterin gemeinsam. So ergibt sich oft ein Sprachen-Gemisch aus Deutsch und den verschiedenen Herkunftssprachen der Teilnehmerinnen. Viele Teilnehmerinnen trauen sich bei den Workshops zum ersten Mal, in einer Gruppe Deutsch zu sprechen. Darauf sind sie zurecht sehr stolz und werden durch die Gruppe darin bestärkt.

Dieser Peer-to-Peer-Ansatz hat viele positive Effekte. Der geteilte kulturelle Bezugsrahmen ermöglicht es den Beteiligten, sich zu öffnen. Gerade bei sensiblen Themen ist es wichtig, sich in der Erstsprache untereinander und mit der Workshop-Leitung austauschen zu können. Darüber hinaus können die Workshop-Leiter*innen auch ermutigende Vorbilder sein, wenn sie von ihren Erfahrungen und Lebensentwürfen berichten. In dem geschützten Rahmen können auch schwierige Themen besprochen werden, so beispielsweise Gewalterfahrungen.

Nicht selten kommen Frauen aus den Workshops im Anschluss zu FIM in die Einzelberatung. Durch die Workshops konnten sie die Mitarbeiterinnen ungezwungen kennenlernen und Vertrauen aufbauen. Sie wissen, dass sie hier Unterstützung erhalten können.

Neben den thematischen Einheiten gehört zu den Workshops auch das gemeinsame Essen, Lachen und Tanzen. Die Teilnehmenden können sich so auch untereinander besser kennenlernen, sich vernetzen, Freundschaften aufbauen und gestärkt in ihren Alltag gehen.

 

Durch die Corona-Pandemie konnten Gruppenangebote in den letzten Monaten nur sehr eingeschränkt stattfinden, dies betraf auch die Empowerment-Workshops. In manchen Unterkünften fanden sie trotzdem in digitaler Form statt. Allerdings war dies in vielen Unterkünften wegen fehlendem Internetzugang für die Bewohner*innen nicht möglich. Einzelberatungen hingegen konnten auch während der Pandemie durchgängig angeboten werden und wurden auch intensiv genutzt – natürlich unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln, oder auch telefonisch.

Vier Frauen sitzen an einem Tisch und winken in die Kamera

Workshop für darisprachige Frauen

Leitung: Yuldoz Habibi; Butzbach, September 2019

 

Die Nachfrage nach Gruppentreffen und Empowerment-Workshops für Frauen und Angeboten für Männer ist jedoch weiter groß, viele Unterkünfte haben sich schon bei FIM gemeldet. Erste Treffen mit kleinen Gruppen konnten im Sommer 2021 wieder in Präsenz stattfinden – der Bedarf ist groß, ebenso die Freude bei allen Beteiligten, dass diese Treffen (wenn auch in kleinerem Rahmen als gewohnt) wieder möglich sind. Gerade jetzt braucht es stärkende Gruppenangebote, die geflüchtete Frauen begleiten und in ihrer Selbstständigkeit und Selbstsicherheit bestärken.

 

Weitere Informationen:

https://fim-frauenrecht.de/unsere-angebote/empowerment


Asset Publisher Asset Publisher

Zurück

„Zugänge gestalten, Teilhabe einfordern“ - Verbändeübergreifende Veranstaltungsreihe zum Empowerment geflüchteter Frauen in 2021

Die mehrteilige Online-Veranstaltung 2021 im Rahmen des Projekts „Empowerment geflüchteter Frauen“ stand unter dem Titel „Zugänge gestalten, Teilhabe einfordern“.[1] Empowerment hat zum Ziel, Menschen in ihrer Selbstbestimmung und Teilhabe zu stärken. Aber wie kann Projektarbeit ganz konkret Zugänge gestalten und die Zielgruppe beim Einfordern von Teilhabe unterstützen? Die Mitarbeitenden der Empowerment-Projekte wurden dazu eingeladen, ihre Projektarbeit unter dem Fokus der digitalen, gesundheitlichen und sozialen Teilhabe zu beleuchten und Ideen sowie Anregungen für ihre Arbeit zu entwickeln. Die Veranstaltung wurde ausgerichtet von dem Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt, dem Deutschen Caritasverband, der Diakonie Deutschland, dem Deutschen Roten Kreuz und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und fand im Rahmen des Projekts „Empowerment geflüchteter Frauen und anderer besonders schutzbedürftiger Personen“ statt, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. 

 

1. Teil: „Digitale Teilhabe“

Die Veranstaltungsreihe startete im Juni mit dem Thema „Digitale Teilhabe“. Der digitale Raum ist in den vergangenen Jahren zu einem immer wichtigeren Ort für gesellschaftliche Auseinandersetzung, Teilhabe und für den Zugang zu Informationen geworden. Sicherheit im Umgang mit digitalen Endgeräten, gängiger Software und Online-Plattformen sind oft unerlässlich für Ausbildung, Arbeitsmarktzugang oder auch die Terminbuchung bei Behörden oder Regeldiensten. Gerade in der Pandemie mit der Umwandlung vieler Angebote in Online-Formate hat sich dies gezeigt und verstärkt. Ziel der Veranstaltung war es, auf die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen für geflüchtete Frauen einzugehen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie digitale Teilhabe in der Projektarbeit gefördert werden kann.

Dazu wurde das Projekt „Digital Empowerment and information access for refugee women“[2] des FrauenComputerZentrumsBerlin e.V. (FCZB) von der Projektleiterin Elisa Marchese vorgestellt. In dem Projekt werden geflüchtete Frauen durch ein offenes IT- und Medienkompetenz-Training dabei unterstützt, ihre Mobilität im digitalen Raum und ihre Zugänge zu digitalen Medien zu verbessern. Der niedrigschwellige Ansatz des Projekts sowie die Orientierung an den Interessen, Kenntnissen und individuellen Bedürfnissen der geflüchteten Frauen haben sich dabei als wichtige Erfolgsfaktoren für die gelingende Projektarbeit erwiesen. Gleichzeitig ergeben sich aber auch Hindernisse und Herausforderungen, wie beispielsweise die unterschiedliche technische Ausstattung und Internetkapazitäten der Teilnehmerinnen, die digitalen Vorkenntnisse, die beschränkten zeitlichen Verfügbarkeiten, sowie Sprachbarrieren. Zur Überwindung dieser Hindernisse ist eine flexible Anpassung der Lernsettings an die zeitlichen und räumlichen Kapazitäten der Teilnehmerinnen von großer Bedeutung. Auch begleitende Kinderbetreuung und Sprachmittlung in Gemeinschaftsunterkünften haben sich als hilfreich erwiesen, um die Lernsituation der Teilnehmerinnen zu verbessern.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Projektmitarbeitenden bei der Umsetzung von digitalen Angeboten in ihren Projekten mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Besonders die geringe Verfügbarkeit von Hardware und Internetkapazitäten, sowie sprachliche Hürden und fehlende IT-Kompetenzen machen es schwierig, die Frauen mit digitalen Angeboten zu erreichen. Gleichzeitig haben sich einige Angebote, wie z.B. digitale Treffen über Videotools oder Kommunikation über Messenger-Dienste in der Pandemie auch als Chance erwiesen, um die Zielgruppen trotz Kontaktbeschränkungen zu erreichen und Teilhabe zu ermöglichen.

 

2. Teil: „Gesundheitliche Teilhabe“

Der mittlere Teil der Veranstaltungsreihe richtete den Fokus auf Gesundheit als einen zentralen und sehr aktuellen Aspekt von Teilhabe. Ausgehend von einem Input durch Marcus Wächter-Raquet von der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. wurde das Konzept der Gesundheitsförderung eingeführt, um im Anschluss zwei Praxisprojekte als beispielhafte Blitzlichter für gute Projektarbeit zur Gesundheitsförderung mit geflüchteten Frauen vorzustellen. Svenja Reimann vom Lore-Agnes-Haus Essen stellte hierfür Ressourcen- und Stabilisierungsgruppen für Frauen, die psychisch belastende Erfahrungen gemacht haben, vor. Anschließend stellte Djamila Amrani von der Beratungsstelle Myriam des Frauenwerks der Nordkirche das Biografieprojekt mit geflüchteten Frauen vor und führte in die Methoden der kultursensiblen Biografiearbeit ein.[3]

Gesundheitliche Teilhabe kann auf verschiedenen Ebenen gefördert oder behindert werden, von individuellen Lebensweisen über soziale Netzwerke und Lebensbedingungen hin zu Umweltfaktoren. Der Zugang geflüchteter Menschen zu gesundheitlicher Teilhabe wird in der Anfangszeit in Deutschland von spezifischen Bedingungen, wie den Lebensbedingungen in zugewiesenen Unterkünften, nach dem AsylbLG eingeschränkten (Gesundheits-)Leistungen oder auch noch kleinen sozialen Netzwerken am neuen Wohnort geprägt. Projektarbeit zur Gesundheitsförderung kann zum einen geflüchtete Menschen bei der Stärkung ihrer Gesundheitsressourcen unterstützen und zum anderen an der Schaffung gesundheitsfördernder Strukturen und Lebensbedingungen mitwirken. Ein wichtiger Aspekt in beiden Ansätzen ist die Partizipation der Betroffenen selbst. Sie kennen ihre Lebensbedingungen am besten, können Veränderungen nachhaltig bewirken und sich selbst dabei als Handelnde und Wirkende erleben.[4]

Methoden zur gesundheitsfördernden Projektarbeit sind u.a. körperbezogene Arbeit, Kreatives oder Biografiearbeit. Vorgestellte Beispiele reichten von Händeyoga, Ressourcenkisten, Body 2 Brain CCM® und Achtsamkeit hin zu Identitätsmolekülen und der „Geschichte meines Namens“. Wichtig ist dabei, Methoden nicht nur zu nutzen, sondern sich – besonders bei Biografiearbeit – mit ihnen auseinanderzusetzen und eine Haltung zu entwickeln, die Grundsätze wie Freiwilligkeit, Wertfreiheit, das Recht zu Schweigen und den Fokus auf die erzählende Person verinnerlicht.[5]

 

3. Teil: „Soziale Teilhabe“

Thema der dritten Veranstaltungsreihe war „Soziale Teilhabe“.  Um Raum für den gemeinsamen (Praxis-)Austausch zu geben, lag der Fokus darauf, die eigenen Projekterfahrungen als Ausgangspunkt zu nehmen und gemeinsam herauszuarbeiten, wo Soziale Teilhabe möglich ist und wie sie nachhaltig gestaltet werden kann. Ein Einführungsvideo zum Thema Sozialraumorientierung und die Ergebnisse einer digitalen Umfrage schafften dafür eine gemeinsame Wissensbasis. Mitbestimmung, Gleichberechtigung, Gemeinschaft, Zugang zu Leistungen und Wissen, Verantwortung, finanzielle Mittel usw. sind zentrale Begriffe, wenn es um Soziale Teilhabe geht. Ziel ist es, geflüchtete Menschen vor Isolierung und Benachteiligung zu schützen und sie bestmöglich durch ressourcenorientierte, sozialpädagogische Angebote im Hinblick auf soziale, politische, kulturelle und berufliche Teilhabe zu unterstützen.

Die Gruppenarbeiten im Welt-Café zeigten, dass die Projektmitarbeitenden mit ihren Maßnahmen ein breites Spektrum abdecken: Von der (digitalen) sprachlichen Förderung, über Freizeitaktivitäten, Informationsveranstaltungen und vielem mehr. Um nachhaltige Wirkungen bei der Zielgruppe erzielen zu können und ihre Partizipationschancen zu steigern, arbeiten sie nicht nur auf individueller Ebene im Sinne von Einzel- oder auch Gruppenberatung, sondern versuchen ihr Klientel sowohl in der Nachbarschaft als auch in allen relevanten Einrichtungen im Sozialraum im Kleinen und der Gesellschaft im Großen anzubinden. Damit diese Arbeit nachhaltig gelingen kann, sind die Projektmitarbeitenden jedoch von zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen abhängig, sowie von politischen und sozialen Gegebenheiten, die strukturell ein Mehr oder Weniger an Partizipation ermöglicht. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, ergibt sich ein großes Potenzial an Möglichkeiten der Förderung sozialer Teilhabe, die nur darauf warten, mit Energie und Lust angegangen zu werden.

 

Die Veranstaltungsreihe wurde gefördert durch:

Förderlogo Bundesintegrationsbeauftragte

 

 

 

 

 

[1] Dokumentation der Online-Veranstaltungsreihe in 2020 im Projekt „Empowerment geflüchteter Frauen“: https://www.awo.org/sites/default/files/2021-05/DokumVeranst2020_Empowerment_final_0.pdf

[2] Das Projekt DIGITAL EMPOWERMENT AND INFORMATION ACCESS FOR REFUGEE WOMEN des FrauenComputerZentrumsBerlin e.V. wird gefördert aus Mitteln der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Abteilung Frauen und Gleichstellung. In der Veranstaltung wurde es als Best Practice Beispiel vorgestellt.

[3] Dieses Projekt wurde in Kooperation mit dem Asylzentrum Tübingen e.V., der Mitternachtsmission Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel in Heilbronn sowie mit SOLWODI Fachberatungsstelle in Fulda durchgeführt und durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gefördert.

[4] Dieser Absatz basiert auf einer Mitschrift des Inputs von Marcus Wächter-Raquet von der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V., sowie der Publikation „Gesundheitsförderung bei Geflüchteten. Lücken schließen – Angebote erkennen“ des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit (Download PDF: https://www.gesundheitbb.de/fileadmin/user_upload/21-02_Handreichung_Gesundheitsfoerderung_mit_Geflu__chteten.pdf )

[5] Dieser Absatz basiert auf einer Mitschrift aus den Kurzinputs von Djamila Amrani (Myriam, Frauenwerk Nordkirche) und Svenja Reimann (Lore-Agnes-Haus).


Alle Beiträge Alle Beiträge