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Demokratiebildung mit Wirkung

Rückblick auf den Fachtag zum Thema vorurteilsbewusste Bildung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der Kita und in der Familienbildung.

Am 10. Dezember 2018 fand in Hannover trotz Bahnstreik der Fachtag „Demokratiebildung mit Wirkung“ zum Thema vorurteilsbewusste Bildung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der Kita und in der Familienbildung statt. Ziel des Fachtages war, diskriminierendes Verhalten von Kindern, ihren Familien und Kolleg*innen zu erkennen und Ideen zu entwickeln, diesem entgegen zu wirken. Dieser Fachtag konnte im Rahmen eines Erfahrungsaustausches Impulse setzen, durch die sich pädagogische Fachkräfte gestärkt fühlen, ihre Verantwortung zur Demokratiebildung wahrzunehmen.

Das Thema des Fachtags wurde im Rahmen des Projektes  „Was heißt hier eigentlich Demokratie? Demokratieerziehung als originärer Auftrag der frühkindlichen Bildung“ der Diakonie Deutschland als eines identifiziert, das pädagogische Fachkräfte umtreibt.

Rassismus, Antisemitismus und andere gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeits-Phänomene sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Diskriminierung und Ausgrenzung machen auch nicht vor den Türen der Frühpädagogik und Familienbildung halt. Sie betreffen pädagogische Fachkräfte, Kinder und ihre Eltern und andere Familienangehörige. So sehen sich pädagogische Fachkräfte immer mehr mit menschenfeindlichen Äußerungen und Vorurteilen konfrontiert und wünschen sich Argumentationshilfen und Handlungssicherheit. Sie stehen vor der Herausforderung zu entscheiden, wie sie mit Kolleg*innen, Kindern und deren Eltern und anderen Familienangehörigen umgehen, die sich diskriminierend äußern. Was tun, damit alle Kinder sich in der Kita wohlfühlen können und respektiert werden? Wo sind Grenzen für die Fachkräfte und ihre Einrichtungen? Wo ist deutlicher Wiederspruch erforderlich? 

Auf dem Fachtag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit dieser aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklung und ihren Herausforderungen auseinander zu setzen. Diakonie Deutschland und das Forum Familienbildung der eaf e.V. konnten auf diesem Fachtag pädagogischen Fachkräften Unterstützung geben, sich menschenfeindlichen Einstellungen entgegenzustellen. Die Teilnehmenden konnten ihre Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Ideen diskutieren, was sie tun können, damit sich alle Kinder und ihre Eltern und andere Familienangehörige in ihren Einrichtungen angenommen und wertgeschätzt fühlen.  

Impulsvortrag „Das unsichtbare Selbstverständlich: Kultursensitivität als Kernkompetenz pädagogischen Handelns“

Besonders gefallen hat den Teilnehmenden der Vortrag von Frau Prof. i.R. Dr. Heidi Keller. Sie hat die Allgemeingültigkeit der westlich geprägten Entwicklungspsychologie in Frage gestellt. Was die sogenannten „Standardwerke“ der Entwicklungspsychologie als „Standard“ setzen, sei kulturell einseitig. Diese Standards basierten auf empirischen Befunden, die nur einen Ausschnitt, nämlich den der westlichen, „weißen Welt“ darstellen würden.  Denn diese Untersuchungen wurden mit Mittelschichtkinder in der westlichen Welt durchgeführt, die etwa 5% der Kinder auf der Erde repräsentieren. Trotzdem würden wir die Erkenntnisse dieser Forschungen als universell ansehen und somit für alle geltend annehmen. Viele teilnehmenden Kolleg*innen haben sich explizit für diesen Vortrag bedankt und bemerkt, dass er ihnen noch mal eine völlig neue Sicht auf die Dinge vermittelt hat. 

Ausstellung von Familienkisten und Ich-Puppen

(Bild Felix J. Holland)

Wie vielfältig Kinder ihre Familien erleben, konnte anschaulich durch eine kleine Ausstellung von Ich-Puppen und Familienkisten gezeigt werden. Diese haben Kinder einer Einrichtung des Zuständigkeitsbereichs des Diakonischen Werks Braunschweig gebastelt. 

Empfehlungen der „Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus“ der Amadeu Antonio Stiftung als Teil der Tagungsmaterialien      

Die Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung  „Ene, mene, muh – und raus bist du! Ungleichwertigkeit und  frühkindliche Pädagogik“ war ein geschätzter Teil der Tagungsmaterialien. Denn diese Handreichung gibt wichtige Hinweise, wie im Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung gegen Demokratie- und Menschenfeindlichkeit, gegen Abwertungen und Rechtsextremismus gehandelt werden kann. Die Broschüre ist inhaltlich gut aufgearbeitet und für das Arbeitsfeld relevant. Sie empfiehlt, das Gespräch mit Eltern zu suchen, wenn durch sie oder ihre Kinder diskriminierende und demokratiefeindliche Handlungen und Äußerungen passieren.                                                                                                                                                                                                                                                                                 

In den letzten Wochen haben Medien und Blogs der Stiftung unterstellt,  mit dieser Broschüre Kita-Mitarbeiter*innen aufzurufen, Kinder in Kita zu instrumentalisieren, um die Gesinnung der Eltern zu "erschnüffeln". Die Amadeu Antonio Stiftung wurde deswegen massiv bedroht. Die Debatte über die Broschüre hat inzwischen auch den Bundestag erreicht. Widerspruch nicht nur aus Reihen der AFD richtet sich insbesondere gegen Familienministerin Franziska Giffey von der SPD, die das Geleitwort zu der Handreichung geschrieben hat. Auch von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war öffentlich von einer "staatlichen Handlungsanweisung zur Elternspionage" in Bezug auf die Broschüre zu hören. 

Informationen zur Sache finden Sie hier:

Unter diesen Links können Sie an zwei Beispiel sehen, wie die Berichterstattung zum Thema geführt wurde:

Kontakt

Meike Geppert
Projekt Demokratie und Vielfalt
Zentrum Engagement Demokratie und Zivilgesellschaft
Diakonie Deutschland
T +49 30 65211-1066
meike.geppert@diakonie.de

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