Änderung im Gemeinnützigkeitsrecht
Die Diakonie Deutschland begrüßt die Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung wegen Vollzugsfragen bei Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO und stellt sich für die Novellierungsdiskussion in der neuen Legislaturperiode im Verbund auf.
Die erfolgten Änderungen vom 6. Dezember 2017 durch das Bundesfinanzministerium beseitigen die Rechtsunsicherheiten, die nach dem sogenannten "Rettungsdiensturteil" und dem darauf basierenden Anwendungserlass der Abgabenordnung in 2016 entstanden waren. Sie stärken die Wirtschaftlichkeit und verhindern unnötigen Aufwand bei diakonischen Trägern und Einrichtungen.
Das Verfahren ist ein gutes Beispiel für das Potential einer produktiven und arbeitsteiligen Arbeit im Verband
Die Diakonie Deutschland hat gemeinsam mit den übrigen in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammengeschlossenen Spitzenverbänden in zahlreichen Gesprächen und Stellungnahmen auf die mit der Regelung verbundenen erheblichen bürokratischen Hindernisse für die Praxis ihrer Einrichtungen und Unternehmen hingewiesen.
Auch wurden auf Ebene der Bundesländer zahlreiche politische Gespräche durch die Diakonischen Werke geführt. Anhand von konkreten Praxisbeispielen, konnte deutlich gemacht werden, dass es im Bereich der stark SGB-regulierten Wohlfahrtspflege keiner zusätzlichen Instrumente der Rechnungslegung und des Steuerrechts bedarf, um potentiellen bzw. vermuteten Missbrauch zu bekämpfen. Bei dieser praxisnahen Überzeugungsarbeit haben insbesondere auch der Verband der diakonischen Dienstgeber (VdDD) sowie einzelner Träger einen wertvollen Unterstützungsbeitrag geleistet.
Es ist davon auszugehen, dass die neue Bundesregierung das Gemeinnützigkeitsrecht zur Stärkung der Zivilgesellschaft weiter verbessern und flexibilisieren will. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen sind die steuerrechtlichen, oftmals sanktionsbewährten Regelungen oft schwer zu überblicken. Wichtig ist zudem, dass die Innovationskraft des diakonischen Unternehmertums durch die Regeln des Gemeinnützigkeitsrechts nicht behindert wird. Die Diakonie Deutschland wird diesen Prozess zusammen mit den Verbänden in der BAGFW und ihren Kooperationspartnern eng begleiten. Die Auswirkungen, Chancen und Risiken einer solchen Novellierung werden wir im Rahmen der diakonischen Gremien und Arbeitskreise des Zentrums Recht und Wirtschaft (ZRW) diskutieren.
Faktencheck: Zum Hintergrund zu den Neuerungen des Anwendungserlasses zu § 66 AO:
Im Januar 2016 wurde der Anwendungserlass zur Abgabenordnung im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht von Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO) geändert. Danach waren Gewinne in diesen Zweckbetrieben, sofern sie über einen Inflationsausgleich bzw. die Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen hinausgehen, gemeinnützigkeitsschädlich. Weiterhin war es gemeinnützigkeitsschädlich, Überschüsse aus Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege für andere steuerbegünstigte Zweckbetriebe (§§ 65, 67, 68 AO) zu verwenden.
Diese Änderungen hätten die Flexibilität der finanziellen Ressourcen in der freien Wohlfahrtspflege stark belastet. Die Tatsache, dass die Leistungen der freien Wohlfahrtspflege in starkem Umfang einer staatlichen Preisregulierung unterliegen und insofern ggf. erzielte Gewinne in Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege nur bedingt beeinflussbar sind, blieb unberücksichtigt. Außerdem führten sie zu einem erheblichen Anstieg der Bürokratie, da bei Umsetzung der Änderungen im Rechnungswesen der diakonischen Träger und Einrichtungen die Zweckbetriebe nicht mehr als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden konnten, sondern eine getrennte Ermittlung der Überschüsse nach den Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege und sowie der anderen Zweckbetriebe erforderlich war.
Insofern drohten für die betroffenen Träger maßgebliche Steuerbelastungen, im schlimmsten Fall der Verlust der Gemeinnützigkeit sowie eine Ausweitung des Aufwandes durch zusätzliche Bürokratie, wodurch Ressourcen zugunsten von hilfebedürftigen Menschen gebunden werden.
Die nunmehr erfolgte Änderung des Anwendungserlasses beinhaltet folgende Regelungen:
- Es gilt eine Nichtbeanstandungsregelung, wonach eine bisherige Quersubventionierung übriger Zweckbetriebe sowie ideeller Tätigkeiten mit Gewinnen der Wohlfahrtspflege, die bislang in Einzelfällen akzeptiert wurde, bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2016 verlängert wird
- Eine gemeinnützigkeitsschädliche Gewinnerzielungsabsicht wird erst dann widerlegbar angenommen, wenn in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen Gewinne erzielt werden, die den konkreten Finanzbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen.
- Gewinne auf Grund von staatlich regulierten Preisen stellen kein Indiz für eine gemeinnützigkeitsschädliche Gewinnerzielungsabsicht dar.
- Die im Hinblick auf die Zulässigkeit der Rücklagenbildung bei Überschüssen von Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege gemäß § 62 Abs. 1 AO entstandene Rechtsunsicherheit wird beseitigt.
Anlagen
Kontakt
Frank Hofmann
Referent für Wirtschafts- und Steuerrecht
Zentrum Recht und Wirtschaft
Telefon +49 (0) 30 65211-1709 I Telefax +49 (0) 30 65211-3709
mailto: Frank.Hofmann@diakonie.de
Diakonie Deutschland
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