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Das Bundesteilhabegesetz: Auswirkungen für die Eingliederungshilfe/ GVS, 2016

Der Gesantverband für Suchthilfe (GVS) widmet seinen neuesten Informationsdienst "PARTNERschaftlich" 3/2016 dem Bundesteilhabegesetz und seinen Auswirkungen auf suchtkranke Menschen.

Ralf Klinghammer, Bereichsleiter Suchthilfe der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, Sprecher des GVS-Fachausschusses "Teilhabehilfen und Mitglied des GVS- Vorstands schreibt im Vorwort:

"Liebe Leserinnen und Leser,

in Deutschland wird aktuell die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen diskutiert. Ausgelöst wurde dies durch die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), statt Integration bekam der Begriff der Inklusion eine neue Bedeutung. Dies bedeutet die gleichberechtige Teilhabe aller Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Die Forderung besteht darin, dass sich die Gesellschaft und Sozialräume verändern, so dass keine Exklusion bzw. Ausgrenzung entsteht. Das heißt, barrierefreie Strukturen für Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen zu schaffen.

Wir im GVS veränderten auch unsere Arbeit in der Struktur der Ausschüsse. So entstand vor Jahren der Fachausschuss Teilhabehilfen. In diesem Fachausschuss treffen sich regelmäßig

die Vertreterinnen und Vertreter der ambulanten und stationären komplementären Einrichtungen. Wir definierten die Verhinderung von Teilhabe bei Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen. Daraus erarbeiteten wir mögliche Teilhabeleistungen in den Einrichtungen. In einem eintägigen Workshop stellten wir uns 2015 diesen Themen und bündelten die positiven Erfahrungen der Einrichtungen, die insbesondere in den unterschiedlichen Sozialräumen in Deutschland durch übergreifende Teilhabeleistungen Veränderungen erreichten, um die Teilhabe für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen zu verbessern. So bereiteten wir uns auf mögliche Gesetzesänderungen vor.

Nun wird es zum Ende des Jahres soweit sein, dass das Bundesteilhabegesetz vom Bundestag und Bundesrat beschlossen wird. Ich habe noch keine Gesetzesänderung in Deutschland erlebt, die eine so hohe Beteiligung und zugleich auch hohen Widerstand von den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen erlebte. Am 07.11.2016 fand eine Anhörung im Bundestag statt. Zeitgleich demonstrierten vor dem Paul-Löbe-Haus mehr als 3.000 Menschen gegen die Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes. Im Vorfeld wurden beim Bundesrat und in verschiedenen Gremien über 100 Forderungen zur Gesetzesänderung eingereicht. Von der Politik kommt die Kritik, die Verbände instrumentalisieren die Menschen mit Beeinträchtigungen, um ihre Interessen insbesondere der großen Einrichtungen durchzusetzen. Dem gegenüber steht aber die Forderung und Regelung, dass Menschen mit Beeinträchtigungen beteiligt werden und auf gleicher Augenhöhe zukünftig die Hilfen personenzentriert und aus einer Hand erbracht werden. Es sollen nicht mehr die Defizite und Diagnosen als kausale Begründung für den Rechtsanspruch der Leistungserbringung im Focus stehen, sondern die Teilhabe in neun Kategorien überprüft werden.

Bleibt auf dieser Grundlage der Zugang zum bewährten Leistungssystem für Menschen mit Abhängigkeitserkrankung noch erhalten? Wie wird die Finanzierung der strukturellen Rahmenbedingungen gestaltet, wenn Grundleistungen und Maßnahmeleistungen in der Finanzierung getrennt sind? Wie wird zukünftig im Zusammenhang mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz PSG III die Schnittstelle zur Pflege gestaltet, insbesondere wenn im Bundesteilhabegesetz der Vorrang der Pflegeleistung geregelt ist und die Eingliederungshilfeleistung nicht parallel gewährt wird? Werden dann mehr Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen in Pflegeheimen vorrangig Pflegeleistungen statt Eingliederungshilfeleistungen erhalten? War bei der Gesetzeserarbeitung die Gruppe der Menschen mit Suchterkrankungen im Blick oder führt dieses Gesetz zur Exklusion statt zur Inklusion dieser Personengruppe?

Wir sind in den nächsten Jahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes aufgefordert, an der Gestaltung der zukünftigen neuen Rahmenvereinbarungen und Instrumente mit zu arbeiten, so dass die Belange und Bedarfe der unterschiedlichen Personengruppen Berücksichtigung findet.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie auf verschiedene Fragen in dieser Ausgabe Antworten und an Hand der Best-Practice-Beispiele Ideen finden, wie Sie Sozialräume verändern können und das Gesetz in den Ausführungen und in der Umsetzung mit gestalten."

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